22. April 2022

 

Ich habe zeitlebens eine Affinität zu Bäumen. Im neuen Häuschen, das meine Familie bezog, als ich etwa 6 Jahre alt war, gab es einen kleinen Garten. Dort standen Obstbäume.

In den Ästen eines alten Mirabellenbaumes saß ich etliche Stunden. Auch der nahe gelegene Wald war ein Revier, das ich häufig durchstreifte. Nicht mit wissenschaftlichem Eifer, sondern um zu schauen und zu lauschen.

 

Die Wintersinger Eiche ist ein wahres Naturdenkmal

Die Wintersinger Eiche im Kanton Baselland gehört wohl zu den am meist fotografierten Bäumen der Schweiz © HWR

 

Seit ich jetzt im baselbieter Jura wohne, habe ich einige Baumlieblinge, die ich immer wieder besuche. Eine alte Birke beim Blattenpass zum Beispiel. Und eine uralte Eiche in der Nähe von Sissach.

Dieser Baum hat es mir besonders angetan. Er ist frei stehend, mit einer mächtigen Krone. Ich wundere mich jedes Mal, dass ein so verhältnismäßig «dünner» Stamm eine solches Geäst tragen kann.

Schon lange wollte ich es genauer wissen: Wie alt ist ein solcher Baum, wieviele Tonnen CO2 kann er speichern, wieviel Sauerstoff gibt er im Laufe seines Lebens ab? –

Das Alter einer Eiche lässt sich schätzen, wenn man den Umfang des Stammes auf etwa 1,5 Meter Höhe misst. Dann multipliziert man das Ergebnis mit 0,8. Bei «meiner» Eiche käme ich auf ein Alter von bald 300 Jahren.

 

Eine Eiche, die mehr als 200 Jahre alt ist, mit enormer Größe

Ein Stammdurchmesser von mehr als einem Meter und eine Kronenbreite von über 25 Metern © HWR

 

Mit einer App maß ich den Stammdurchmesser und kam auf schätzungsweise 1,6 Meter. Wenn ich diese Maßeinheit in Relation zum Durchmesser der Krone setze, beträgt sie fast 30 Meter. Vom Gewicht der teilweise baumdicken Äste gar nicht zu reden.

Die «Wintersinger Eiche» gehört zu den wohl am häufigsten fotografierten Bäumen der Schweiz. 2016 hat ein Sturm die nahezu perfekte Form etwas gestört.

Und jetzt, wieviel CO2 bindet der Baum? Auch wieder als Schätzung aufgrund von Vergleichswerten: die stattliche Eiche dürfte pro Jahr mindestens 25 Kilogramm CO2 speichern. Das heisst, sie hat in ihrem Leben rund 5 Tonnen gebunden.

Und der Sauerstoff? Mehr als 6000 Kilogramm gibt diese Eiche jährlich an die Luft ab. Ein Mensch benötigt zirka 1,2 Liter Sauerstoff pro Minute. Weit mehr als 80 Stunden könnte ich allein von diesem Baum «Atem schöpfen».

 

2016 hatte ein Sturm einen mittleren Ast ausgerissen

2016 hatte ein Sturm einen mittleren Ast – schon für sich allein fast ein Baum – aus der Krone gerissen © HWR

 

Das ist natürlich sehr «akademisch», denn ein Baum ist keine Maschine und die Atmosphäre kein Supermarktregal. Die Eiche gibt mir auf jeden Fall viel mehr. – Und schöne Bilder noch dazu. –

Ach ja, da ist noch der Bezug zum heutigen Datum: dem Tag der Erde (mit all ihren Treibhausgasen). Und da kommt mir gleichzeitig das Sprichwort vom Apfelbäumchen in den Sinn.

Von wem war das gleich wieder? Goethe, Luther, einerlei, man hat es bis heute nicht klären können. «Und wenn morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen».

Ich habe doch tatsächlich gestern ein solches Apfelbäumchen gepflanzt. Die Welt ist – bis jetzt – noch nicht untergegangen. Hoffentlich schaffen wir es noch eine Weile so.

 

Ein Baum zum Atemholen – eine Eiche zum Verweilen

Ein Baum, zum Atemholen, eine Eiche zum stundenlangen Verweilen © HWR
 

Äste von einem Durchmesser, der bereits einem gestanden Baum gleicht

Äste, die in ihrer Stärke einem Baum gleichen. Und eine Ruhe, die unvergleichlich bleibt © HWR

 

 

P.S: Am 1. Mai fällt mir noch ein Dokument in die Hände. Ich darf noch einmal mehr aufatmen.
Eine Eiche dieser Art, so lese ich gerade, deckt den Jahressauerstoffbedarf von elf erwachsenen Menschen!!