25.08.2018

Es gibt Momente, da ist alles falsch. Oder zumindest nichts wirklich richtig. So erging es mir bei einer erstmaligen Teezeremonie. Das Museum Rietberg hat in einem ehemaligen Remise-Gebäude im obersten Stock ein einzigartiges Tee-Zimmer eingerichtet. Die japanische Tee-Meisterin Yumi Mukai führt hier in die Kunst und in die Tradition des sadō ein. Es gelten viele Regeln, und leicht ist die meditative Harmonie gestört.

Das Teezimmer beim Museum Rietberg Zürich

Beeindruckend ist es, wenn man das Glück hat, während der Zeremonie genau gegenüber des raumhohen Fensters zu sitzen.

Doch Yumi Mukai weiß, dass es auf Eines ankommt: auf die Achtsamkeit im Hier und Jetzt. So ist sie sich durchaus bewußt, das Gäste ohne viel Vorwissen sich anders verhalten. Sie sieht es stets als ihr Ziel an, Harmonie wirken zu lassen. Sei es in der Einrichtung des Teezimmers, sei es mit den ausgewählten Geräten und Teeschalen und ganz besonders: in ihrer eigenen Haltung.

Sie vergleicht die Teilnahme an der Teezeremonie mit einem Chor. Je besser die einzelnen Stimmen ausgebildet sind, je besser sie zusammenklingen, um so schöner ist der Gesang. Und je besser die Zuhörer die Gesangsstücke kennen, desto mehr werden sie innerlich mitgehen. Es ensteht eine Einheit zwischen Chor, zwischen Musikstück und Zuhörerschaft. – Und grundsätzlich bleibt es ein stetes Lernen, eine stete Verbesserung der Wahrnehmung.




In jeder Jahreszeit und zu jedem Anlass ist die Teezeremonie anders. Immer aber geht es um vier Grundeigenschaften: Harmonie, Respekt, Reinheit und Stille.

Mein Anstoß zur Teilnahme war die Holzkohle. Beim Buchprojekt, an dem ich zurzeit arbeite, bin ich auf die eigens geköhlerten Stücke gestoßen, die Yumi Mukai verwendet. Im Sommer wird von ihr Holzkohle verwendet, die in erster Linie von der Spitzeiche (der amerikanischen Roteiche) stammt.

Überhaupt ist alles abgestimmt auf die Jahreszeit und den Anlass. Die Gefäße, der Blumenschmuck, der Kimono wie auch Teile des Rituals. Im Sommer ist das Thema Wasser betont. Man hört es in der Zubereitung – bis hin zu einzelnen Tropfen, die sich vom Schöpflöffel lösen.


Der fliegende Kranich als Symbol

Der gußeiserne Wassertopf ist mit einem auffliegenden Fischreiher verziert – auch eine Verbindung zum Thema Wasser.

Die genauen Bewegungen bei der Zubereitung, die Konzentriertheit – aber auch die spontanen humorigen Bemerkungen, die Yumi Mukai macht, fördern die gelöste Atmosphäre. Denn das längere Sitzen auf den Fersen wird von Ungeübten alles andere als gelöst empfunden. Ach ja, und am Schluss, nach einer äußerst interessant zubereiteten Süßigkeit, gibt es auch noch Tee. Drei Schlückchen grünen Matcha-Tees. Die vielen Empfindungen und Eindrücke lassen für mich nicht mehr viel Aufmerksamkeit übrig. Aber doch: der Tee ist so, dass man «mehr» haben möchte. Mehr von der Fähigkeit, im Augenblick ganz da zu sein. > Link zur Website des Rietberg-Museums und zur Teezeremonie


Die Utensilien für das Feuermachen mit der speziellen Holzkohle

Ohne Feuer gibt es keinen Tee. Und ohne Holzkohle gibt es keine Glut.


Der Korb mit den Utensilien fürs Feuermachen: Yumi Mukai verwendet eine Adlerfeder zum Reinigen des oberen Randes beim Feuergefäß. Dann die speziell geköhlerte Holzkohle und das Gefäß in welchem beispielsweise Sandelholz oder anderes Räucherwerk aufbewahrt wird. Auch das ein kleiner, aber wichtiger Teil der Vorbereitung, bis dann die eigentliche Teezeremonie beginnt. Doch ohne Feuer gibt es keinen Tee …